April 2013
PROGRAMM

Samstag 13.04.13, 20.30 Uhr

1,7               Preview aus der Werkstatt:
Timo Schierhorn, Mathis Menneking, D 2013, 97 min

“Ich wache auf. Ich fühle mich alt. Auf Tour ist alles immer überall gleich.”
Erich „Bully“ Berger (48) arbeitet nach 15 Jahren wieder als Roadie für die
Punkband-Legende SLIME. Er kennt die Bandmitglieder schon seit der Schulzeit.
Manches hat sich geändert. Das Meiste ändert sich nie. „Anfahren, Aufbauen,
Show-Abliefern, Abbauen, Weiterfahren.“ Bully hält seine Gedanken auf einem
Diktiergerät fest. Ein schonungsloses Tourtagebuch entsteht, welches den
zermürbender Alltag zwischen Punk-Nostalgie und Spießertum porträtiert.

SLIME, 1979 gegründet, ist eine Politpunkband, die sich im deutschsprachigen Raum
über viele Jahre einen Namen gemacht hat. Songs wie „Deutschland muss sterben“ oder
“Bullenschweine“ waren nicht nur Soundtrack linksradikaler Demos und Punkfeten,
sondern weckten auch das Interesse bundesdeutscher Aufsichtsbehörden und wurden
indiziert. 1995 trennte sich die Band mit dem Gefühl, alles gesagt zu haben.
2010 betraten sie nach 15 Jahren Abstinenz erstmals wieder eine Bühne.
"Lübeck. Der erste Gig. Das einzig Positive: Der Spielautomat schenkt mir 30 Euro.“
Nach anfänglicher Skepsis entwickelt sich die Tournee zu einem respektablen Unterfangen.
„Zuviel Stagediving nervt“ zwar, wie Sänger Dirk (51) bemerkt, aber doch es gibt sie noch:
junge Punks, die mit geschnorrtem Kleingeld ein SLIME-Ticket kaufen. Auf die Frage
eines Journalisten ob das nun ein Comeback sei, antwortet Gitarrist Christian (49)
schlicht: „Nein, aber wir sind halt wieder da.“ „Fahren, Begrüßen, Aufbauen, Schwitzen,
Warten, Schlafen, Auftritt.“ Wieder da halt.
Bully bleibt kritisch. Sein Groll wächst mit jeder weiteren der 23 Tourstationen.
„Wenn ich ein Stadt aussuchen müsste, die für Atomversuche herhalten sollte,
wäre es Düsseldorf.“ Die Tour führt durch ein Deutschland, mit immer gleichen
Autobahnen, Fußgängerzonen, Hotelzimmern und Backstageräumen, in denen man die Zeit
bis zum Auftritt totschlägt und sich dabei allerhöchstens eine Erkältung oder eine
Migräne einfängt. An Eskapaden ist kaum zu denken. Das extra aus Luxembourg
herangekarrte Aldi-Kultbier Karlsquell, ist auch nicht mehr das, was es einmal war.
Und „Ach ja, alle haben mal wieder nicht gefickt.“
Für Bully bleibt die Tour keine rein geographische Reise durch Deutschland,
immer wieder holt ihn die Vergangenheit ein. Damals, als sie anders sein wollten,
als sie auffallen wollten.
1,7 ist das Portrait einer überreifen Jugendbewegung und gleichzeitig ein unverblümter
Tourneefilm über die tristen Seiten des Mythos Rock 'n' Roll.

Die Filmemacher und Mitglieder des Teams werden anwesend sein.

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